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Gesundheitsprojekte von unseren Kooperativen

Agua Dulce und Hoja Blanca

Monatliche Berichte 2022 / 2023

Januar 2023

Neuigkeiten vom Gesundheitszentrum Neue Hoffnung, Hoja Blanca

mehr Bilder

 

Macedonio Vásquez ist seit Jahren verantwortlich für die Leitung des Gesundheitszentrums Neue Hoffnung. Der erfahrene Pflegefachmann kümmert sich um Kranke sowie Verletzte und ist Geburtshelfer für Frauen, die sich eine Geburt in einer weit entfernten Klinik nicht leisten können. Wie er in einem Interview sagt, gibt es heute aus verschiedenen Gründen fast keine einheimischen Hebammen mehr, die Frauen während Schwangerschaft und Geburt nach althergebrachtem Brauch begleiten. Das bedeutet, dass das Risiko ernsthafter Probleme bei Hausgeburten steigt. Da sich jedes Jahr mehr Frauen für die Dienste des Gesundheitszentrums interessieren, schlägt er vor, in die Infrastruktur zu investieren, um sie zum Zeitpunkt der Geburt unter den besten Bedingungen zu versorgen.

2023 soll auch die Zusammenarbeit mit der Ernährungsberaterin Cleidy Hernández intensiviert werden. Sie leitet weiterhin die Frauengruppe der Genossenschaft Hoja Blanca, welche unter anderem die durch das USAID-Projekt i(2017 – 2022) initierte Bäckerei weiterführt. Nun soll sie auch in Grundschulen, Sekundarschulen und anderen lokalen Institutionen Kurse in Ernährung und Hygiene anbieten. Ebenso werden wir versuchen, einen Kontakt zwischen der Klinik der Kooperative Hoja Blanca und der staatlich geführten lokalen Gesundheitsstation herzustellen, die nur Schulungen, Gewichtskontrolle von Kindern usw. anbietet, aber weder Kranke und Verletzte versorgt noch Medikamente abgibt. Wir hoffen, dass diese Synergie das Gesundheitswesen in der Region Hoja Blanca stärken wird.

Hier ein Bericht, den uns Cleidy kürzlich zum Thema Ein gesünderes Zuhause geschickt hat:

Die Kooperative Hoja Blanca, das Gesundheitszentrum Neue Hoffnung und die UGK-Stiftung arbeiten zusammen, um die Ernährung der Bevölkerung im Gebiet von Hoja Blanca zu verbessern. In Kursen für die Ehefrauen der Mitglieder zeigen wir die positiven Auswirkungen guter häuslicher Praktiken auf die Gesundheit der ganzen Familie.

Doña Lissette und Doña Jacinta leben im Dorf Hoja Blanca, beide sind Mütter und Ehefrauen von Mitgliedern der Genossenschaft Hoja Blanca. Sie haben an Schulungen teilgenommen und haben gelernt, die Theorie in die Praxis umzusetzen. Sie sagen, dass ihr Zuhause anders ist, dass ihre Familie dank den Empfehlungen in einer gesünderen Umgebung lebt und die Kinder weniger oft krank werden. (Bilder der kurzen Reportage siehe hochformatige Fotos)

 

NOVEMBER

 Kontakte zwischen dem Gesundheitszentrum und der Sekundarschule

in el Boquerón

 

Irineo Vázquez, der Krankenpfleger in el Boquerón, besucht einmal pro Monat die Sekundarschülerinnen und Sekundarschüler, um mit ihnen Themen wie gesunde Ernährung, Bedeutung einer Impfung, Hygieneregeln im täglichen Leben, Sexualkunde zu besprechen. Am 5. November traf er sich kurz mit den Mädchen und Jungen vor der Primarschule, wo nachmittags der Unterricht für die Sekundarstufe stattfindet, welche über kein eigenes Gebäude verfügt. Es war 1 Uhr nachmittags, ein schul- und arbeitsfreier Samstag, das Meeting sollte dem Schweizer Begleiter des Projektes "Ein Gesundheitszentrum für el Boquerón" die Gelegenheit geben, Kontakt mit den Jugendlichen aufzunehmen und sich über die Gespräche zu Gesundheitsfragen informieren zu lassen.

Die kurzen Interviews mit den Jugendlichen ergaben einen gute Einblick in das Leben der Bevölkerung des nahe Mexico gelegenen Dorfes. Wie die Erwachsenen sind auch Kinder und Jugendliche sehr aktiv. Da sie am Morgen nicht zur Schule gehen, können sie den Eltern bei der Arbeit helfen. Mädchen unterstützen zu Hause die Mutter, bereiten Essen vor, waschen, kümmern sich um kleinere Geschwister. Die Jungen dagegen begleiten den Vater zur Arbeit auf dem Feld, einer Kaffeeplantage oder einem Bauplatz. Auf die Frage, ob sie lieber Kaffee ernten oder zur Schule gehen, ist die Antwort klar: 100% votieren zu Gunsten des Schulunterrichts. Alle bekräftigen, dass Wissen wichtig ist, wenn es darum geht, eine anständig bezahlte Arbeit zu finden.

Zwei in den USA und Europa intensiv diskutierte Themen kommen in diesem Zusammenhang - aus anderer Sicht - auch zur Sprache: Migration und Kinderarbeit. Die Kaffeeproduktion lohnt sich kaum, die Landwirtschaft als solche ist in der Krise. Wer sich finanziell besser stellen will, denkt an Arbeit in einem wohlhabenderen Land, hauptsächlich den USA. Wenn eine Familie keine Unterstützung aus dem Ausland erhält, ist es sehr wahrscheinlich, dass auch Jugendliche unter 18 als Taglöhner arbeiten: beides ist illegal aber lebensnotwendig.

Vor Ende des Schuljahres in zwei Wochen, soll Irineo nochmals eine Stunde lang den Unterricht übernehmen. Ich habe die Jungen und Mädchen gebeten, die Veranstaltung fotografisch zu dokumentieren. Sie kommunizieren alle über Facebook, Instagram, WhatsApp und andere social media. Mal schauen, ob das klappen wird!

 

August / September / Oktober

Hausbesuche im Bereich von el Boquerón - Die Macht der Bilder

Dieses ist bereits der neunte Monatsbericht über eine der beiden kleinen Ortskliniken, welche die Stiftung UGK im Jahr 2022 begleitet. Sie werden oft im letzten Moment ins Netz gestellt, was auf Nachlässigkeit schliessen lassen könnte. Das allerdings ist nicht die Ursache. Wir sind regelmässig in Kontakt mit dem Pflegepersonal, das sehr viel guten Willen zeigt, uns neue Informationen und Bilder zu schicken. Nicht immer jedoch können die Pflegerinnen und Pfleger unsere Wünsche befriedigen. Ein Hauptproblem sind Netzausfälle, seitdem die Regenzeit begonnen hat. So war es Irineo nur möglich, Fotos und Videos von den Hausbesuchen im Einzugsgebiet des Puesto de Salud von el Boquerón zu schicken. Das Interview jedoch kam zunächst nicht zustande. Die Bilder sind allerdings besonders eindrucksvoll.

In den letzten 2 ½ Jahren bin ich als Verantwortlicher für diese Seite nicht mehr nach Guatemala gereist und aktualisiere sie in 10'000 km Distanz. Ich bin jedoch froh, dass ich dort seit 1996 im Verlauf von über 30 mehrwöchigen Reisen üben konnte, mich auf komplizierte Lebensbedingungen einzustellen, denn gerade heute warnen die Zeitungen auch in Europa vor möglichen Stromausfällen, kalten Heizkörpern und nicht mehr verfügbaren Medikamenten...

Soweit war der August-Report gediehen, als mich Irineo und Dorasely am 31. August über WhatsApp auf eine ihrer Besuchstouren mitnahmen, um meine Fragen doch noch rechtzeitig zu beantworten. Ihre Zuversicht und die Freude an ihrer Arbeit waren nach den nachdenklich stimmenden Nachrichten für mich eine Art moralische Auffrischimpfung.

 

Ich wandere also mit den beiden durch eine mir vertraute Landschaft, sehe das steinige Natursträsschen, die einfachen Häuschen, manchmal ein paar Leute, freue mich, dass Dorasely ein paar reife Brombeeren findet. Es ist ein schöner Tag, aber ich weiss, dass bei längeren Niederschlägen die Bäche schon morgen steigen können und es schwierig, manchmal gefährlich wird, zu den Patientinnen und Patienten zu gelangen. Auch da werden wir eine Lösung finden… Sind wir heute einfach dankbar, dass die Sonne scheint! 

                                                                                                               n

September

Besuche auf dem Land - 1. Teil des Interviews 

Das Interview mit Irineo und Dorasely dauert mehr als eine Dreiviertelstunde. Es beginnt an einem heissen Tag nach einer Deparasitierungs-Kampagne in einer Schule. Dorasely schützt sich unterwegs  mit einem Sonnenschirm vor der Sonne, Irineo filmt den Weg bis zum Haus des ersten Patienten auf der heutigen Besuchsliste und beantwortet geduldig die Fragen. Hier ist der erste Teil des Interviews.

     

Bitte beachten Sie: Die aufgeführten Prozentsätze basieren zwar nicht auf einer eben durchgeführten Recherche, deuten jedoch auf einen Trend hin. Ich hätte Irineo bitten können, mir exakte Statistiken zukommen zu lassen, welche er und seine Kolleginnen für die vorgesetzten Behörden erarbeiten müssen.  Um ihm ein weiteres Zeitopfer zu ersparen, verzichtete ich darauf. In den Projekten, die der Staat und unzählige NGOs im Land durchführen, entstehen ganze Bibliotheken mit Statistiken und Grafiken. Leider löst eine möglichst genaue Darstellung des Ausmasses sowie der Ursachen der Armut das Problem nicht – die Schwächen des gesamten politischen Systems und der Mangel an Ressourcen bleiben bestehen. Das Beeindruckende ist, dass Irineo, Dorasely und Yanilet Tag für Tag ihren Job tun, ohne je den Mut zu verlieren, mehr noch: sie engagieren sich mit Freude und Vertrauen in ein gutes Ende.

    

Jurik: Wie planen Sie die Besuche und wie viele Touren führen Sie pro Woche durch?

     

Irineo: Die Besuche werden mit den Patienten vereinbart, aber in Notfällen rufen sie uns an. Im Durchschnitt sehen wir drei, vier Personen pro Tour, je nach Entfernung und Art des Besuches. Jeden Tag bleibt ein Mitglied des Teams in der Klinik um Klient*innen zu betreuen, die zur allgemeinen Sprechstunde kommen. Zwei von uns untersuchen Schwangere, Frauen nach der Geburt mit ihren Neugeborenen, sowie Kinder mit niedrigem Geburtsgewicht oder mit Unterernährungsproblemen.

    

Jurik: Wie kommen Sie zu den Kunden nach Hause?

    

Irineo: Wir gehen immer zu Fuss. Natürlich wäre ein Fahrzeug sehr nützlich, ein Motorrad zum Beispiel, wenn die Zufahrt zu den Häusern über eine Straße möglich ist. Ich habe einen Führerschein, aber kein Auto oder Motorrad. Dorasely würde auch gerne fahren, hat aber noch keinen Führerschein. Es gibt Häuser, die zwei Stunden zu Fuß entfernt sind. Manchmal geht es über steile Pfade. In der Regenzeit verschlammen die Wege schnell, wenn die Bäche schnell ansteigen. Gefährlich können auch Hunde und Wegelagerer sein. Gewalt ist ein grosses Thema in Guatemala. Meine Kolleginnen sagen manchmal, dass sie sich nicht immer wohl fühlen, wenn sie allein unterwegs sind. Wir befinden uns oft in Gegenden ohne Verkehr, ohne Menschen, ohne Häuser.

Dorasely: Weder ich noch Yanilet sind je belästigt worden. Aber besonders im bergigen Teil der Gegend fühlen wir uns nicht immer wohl. Vor drei Jahren ist ein Kollege bei einer Impfkampagne hier der Nähe von Schlägern angegriffen worden – Irineo zeigt uns den Ort per Video – und sie haben ihm all seine Sachen abgenommen.

    

Jurik: Es gibt hier sehr unterschiedliche Häuser. Mit welchen Materialien sind sie gebaut?

    

Irineo: Wir sprechen von ungefähr 550 Häusern in unserer Gegend. Die Hälfte davon ist aus Zementbausteinen gebaut. Dann gibt es welche aus Adobe, also Lehmziegeln – etwa 30 %. Der Rest besteht aus Holz oder Wellblechelementen. Nicht alle haben Strom und Wasser. Schätzungsweise 10 % der Bevölkerung haben keinen Strom, während 30 % nur einen gemeinsamen Wasserhahn, also kein Wasser im Haus selbst haben. 5 % der Familien leben in einem einzigen Raum. Es könnte sein, dass 50 % gar keine Küche haben. Nur wenige verfügen über einen Kochherd, vielleicht sind es 30 %. Die meisten Familien bereiten ihre Mahlzeit auf einem offenen Feuer auf dem Boden zu. (siehe Fotos).

    

Jurik: Erzählen Sie uns bitte etwas über die Frau und ihre eben zur Welt gekommene Tochter, die Sie bei ihrem Besuch letzte Woche filmten. (siehe Fotos)

    

Irineo: Auf jener Tour besuchten wir Noemí Méndez zu einer ersten Kontrolle nach der Geburt ihrer noch namenlosen Tochter, das erste Kind des Paares. Da die Familie kaum Geld hat, war die Geburt im einzigen Raum ihres Häuschen erfolgt. Zunächst war nur eine Hebamme da zur Unterstützung, aber am Ende brauchte es infolge einer Komplikation doch noch unsere Unterstützung, damit alles gut ging.

    

Natürlich werden Irineo und seine Kolleginnen sie weiterhin besuchen, damit das auch so bleibt. Wir werden versuchen, die kleine Familie bis zum Jahresende zu begleiten…Der zweite Teil des Interviews mit den Themen Hygiene, Unterernährung, Lebensfreude versus Depression, Motivation einer Pflegekraft erscheint im Oktober.

Oktober 2022

Zweiter Teil des Interviews -

Themen: Hygiene, Unterernährung, Immer im Einsatz!

die Motivation, Krankenpfleger*in zu sein

 

​Jurik: Unterhalten die Leute ihre Häuser gut? Ist Ihnen die Bedeutung der Hygiene bewusst?

 

Irineo: Es gibt Armut und Armut. Was die Sauberkeit anbelangt, sehen wir ganz unterschiedliche Situationen. Wir besuchen Familien, die in extremer Armut leben, aber grosse Sorge zu ihren Häusern tragen: bei ihnen sieht alles sauber und ordentlich aus. Sie pflanzen sogar Blumen im Gärtchen. Ich würde sagen, das sind 80%. Aber wir kommen auch in richtig schmutzige Häuser, wo Tiere ein und aus gehen. Wir raten diesen Menschen, sich mehr anzustrengen, um Krankheiten zu vermeiden. Es bereitet viel Mühe, diese 20% «Schwierigen» auf den richtigen Weg zu bringen. Manchmal macht es uns schon wütend, dass sie sich selbst und vor allem die Kinder in Gefahr bringen. Aber es hilft alles nichts: Wir müssen unsere Arbeit machen und weiterhin versuchen, sie zu überzeugen!

 

Jurik: Es wird in Guatemala oft über Unterernährung bei Kindern gesprochen. Ist das hier in Ihrem Gebiet ein Thema?

Irineo: Im Moment haben wir zwei Kinder unter zwei Jahren, die laut unseren Untersuchungen für ihr Alter zu leicht und zu klein sind. Es sind Kinder einkommensschwacher Eltern, welche keine Einkünfte haben: sie verfügen also nicht über genügend Geld, um die Kleinen richtig zu ernähren. Manchmal ist es eine Folge von Verantwortungslosigkeit, meistens jedoch Geldmangel. Es reicht also nicht, den Eltern nur zu erklären, was richtige Ernährung ist. Sie haben oft den guten Willen, den Ratschlägen zu folgen – aber wie sollen sie diese in die Praxis umsetzen, wenn sie überhaupt kein Geld haben?

 

Jurik: Können Sie die Familien, die Sie besuchen, etwas genauer charakterisieren?

 

Irineo: Da sind die Proaktiven. Wie schon erwähnt, ist ihr Haus immer gut aufgeräumt und sauber. Sie pflanzen für den Selbstunterhalt zum Beispiel Mais und Bohnen an, und haben auch ihre Kaffeeplantagen. Es ist die Mehrheit, wie wir gesehen haben, sie sind gesund und glücklich. Aber es gibt andere, die denken, dass alles vom Himmel fällt. Sie schaffen es nicht, intensiver ums Überleben zu kämpfen, und die Atmosphäre im Haus ist traurig. Es kommt dabei nicht einmal auf die Wohnqualität an. Auch in grösseren Häusern mit solidem Mauerwerk, zwei Etagen und einer modernen Küche treffen wir unglückliche Menschen: der Eigentümer hat zum Beispiel Probleme, weil er allein ist. Tatsächlich sind psychische Probleme eine der negativen Folgen der Migration. Wir sprechen oft mit Menschen über Schwierigkeiten in ihren familiären Beziehungen und sind daher für sie auch Psychologen.

 

Jurik: Unterwegs kommen bestimmt zahlreiche Gedanken auf… Erzählen Sie uns ein bisschen davon…

 

Irineo: Für mich ist es ein Geschenk, diesen Job zu haben. Ich fühle mich glücklich, Menschen helfen zu können, ich fühle mich in meinem Beruf nützlich und ich tue, was ich mag. Es geht nicht so sehr um Geld, sondern darum, dem Nächsten etwas zu geben. Wir arbeiten als Team, wir sind zusammen unterwegs, wir sehen die schöne Landschaft, wir reden, um Lösungen zu finden, wie wir diejenigen überzeugen können, die nicht auf uns hören wollen, wie wir unsere Ratschläge anders formulieren können. Das passiert während unserer Spaziergänge zu den Patienten nach Hause.

 

Jurik: Dorasely, macht es Sie wütend zu sehen, dass eine Mutter mit all ihrem guten Willen und trotz aller Bemühungen ihren Kindern nicht mehr geben kann?

 

Dorasely: Als ich die junge Mutter bei der Geburt begleitete, war ich froh, ihr helfen zu können und Gott dankbar, dass sich keine weiteren Komplikationen ergaben. Manchmal ist es traurig, dass Mütter nicht die Mittel haben, um Kindern das zu geben, was sie brauchen. Was mich stört, ist, wenn sie verantwortungslos sind und ihre Kinder nicht zu einer Kontrolle bringen, ihnen die Vitamine nicht geben, welche sie gratis von uns erhalten.  Das macht mich schon wütend, weil Kinder ein Recht darauf haben, und ihre Mütter es ihnen nicht gewähren. Aber wie Irineo gesagt hat: es ist eine kleine Minderheit! - und deshalb lieben wir unsere Arbeit

 

Juli

Das andere Gesundheitsprojekt - die Klinik Hoja Blanca

(zu den Fotos)

Da der Kontakt zwischen der neuen Klinik von el Boquerón und den Schüler*innen der Sekundarschule des Dorfes immer noch nicht stattgefunden hat, widmen wir den Juli-Bericht dem anderen Gesundheitsprojekt, das dieses Jahr von der Stiftung UGK verwaltet wird: es ist nicht weniger interessant!

Wir befinden uns wenige Kilometer von el Boquerón entfernt im Dorf Hoja Blanca, wo die gleichnamige Cooperativa seit 35 Jahren eine kleine Klinik betreibt. Seit 2012 gibt es keine finanzielle Unterstützung mehr von aussen. So muss sich die Klinik abgesehen von einem Beitrag seitens der Genossenschaft selbst finanzieren. Der Pflegefachmann Macedonio Vázquez kümmert sich allein um alle Patienten, zwischen 8 und 15 pro Tag. Er begleitet auch Geburten, näht Wunden, repariert Sehnen: Dienstleistungen, die das lokale staatliche Gesundheitszentrum nicht anbietet. Auf die Frage, was der aufregendste Moment in seinem Job war, sagt er, dass es ihn nicht gibt. „Es ist immer eine Genugtuung, der Bevölkerung zu dienen. Aber während der Pandemie war es für mich eine große Genugtuung, 47 Patienten vom Coronavirus heilen zu können. Die Leute haben uns sehr unterstützt, sie haben auch für mich gebetet. Ein einziger 65-jähriger Patient starb, nachdem er ins Krankenhaus gebracht worden war - aber er hatte schon andere Krankheiten.“

 

Die Klinik umfasst ein Wartezimmer, eine Apotheke, ein Büro, zwei Räume für das Personal, zwei Zimmer für Patienten, eine Küche, zwei Toiletten, eine Dusche. Es gibt fließendes Wasser, das gut funktioniert. Die Elektrizität aus Mexico kommt dagegen nicht immer an. Die kleine Solaranlage reicht nicht aus. Die Hoffnung besteht, dass dank den Mitteln des Projektes eine Anlage wie jene der Klinik von el Boquerón angeschafft werden kann.

In Hoja Blanca und den fünf umliegenden Weilern leben auf rund 10km2 etwa 2.500 Menschen, 50 % in prekären, 30 % in einfachen, 20 % in guten Verhältnissen. 90 % der Häuser haben Leitungswasser.

Der Verwalter der Genossenschaft, Genier Hernández, sagt uns, dass sie für das Projekt sehr dankbar sind. So können sie einerseits die Infrastruktur der Klinik verbessern, medizinische Instrumente und Geräte kaufen und andererseits das Gehalt einer Gesundheitspädagogin bezahlen, die in Teilzeit arbeitet.

Kleidy Hernández Vázquez ist 23 Jahre alt, sie studiert an den Wochenenden an der Uni und hat sich in ihrer Praxis bereits in Themen wie Ernährung, Gender, Public Health, Alternativmedizin, Volkspädagogik weitergebildet – nicht nur theoretisch, sondern auch in der Praxis. Sie besuchte ausserdem einen Kurs über alternative Medizin an der Universität von San Carlos. Ihre Idee – sie wird vom vom Verwalter der Cooperativa und dem Pflegefachmann unterstützt – ist es, im Rahmen des Projekts der Stiftung UGK einen kleinen Garten mit Heilpflanzen anzulegen.

Die über WhatsApp geführten Interviews mit Macedonio, Genier und Kleidy haben uns gezeigt, dass dort ein sehr engagiertes und fachlich gut vorbereitetes Team arbeitet. Es wird uns eine Freude sein, Ihre Berichte zu lesen, die uns erzählen, wie die Aktivitäten voranschreiten: die getätigten Einkäufe, die Hausbesuche – die bereits begonnen haben – und die angebotenen Weiterbildungskurse.

 

Juni

Neueste Fortschritte des Projekts in el Boquerón

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Im Mai war hier die Rede von einem kleinen Projekt, das es den Schüler*innen der Sekundarschule ermöglichen soll, etwas über die Arbeit der Pflegerinnen und des Pflegers in der neuen Klinik zu erfahren. Dafür reichte nun die Zeit bis heute nicht. Es gibt viel guten Willen seitens der Lehrerin und des Gesundheitspersonals, aber sie haben so viele Pflichten, dass es ihnen noch nicht möglich war, eine zusätzliche, unvorhergesehene Aufgabe zu erfüllen. Der Kontakt ist jedoch hergestellt und wir hoffen, bald auf dieses Thema zurückkommen zu können.

Glücklicherweise haben wir andere gute Nachrichten: die Umzäunung ist fertiggestellt. Das Portal ist installiert und wird von einem  kleinen Wellblechdach geschützt. Der Zugang zum neuen Gebäude ist deutlich verbessert worden: 200 Meter sind sogar zementiert. Der Zement wurde mit gesponserten Mitteln angeschafft – während die Arbeit nichts kostete. Einmal mehr waren es Freiwillige, welche sich ohne Bezahlung engagierten.

Von Zeit zu Zeit ruft Adín, der Koordinator des Projektes, an, damit wir einen Moment an diesen Aktivitäten teilhaben können. In seinen Online-Aufnahmen sehen wir ein Team gut organisierter Männer, die geduldig und ruhig ihre Arbeit vorantreiben, bis der letzte Zementsack verbaut ist. Wenn sie merken, dass jemand sie beobachtet, grüßen sie mit einem Lächeln. Eindrucksvoll, diese Art der Gemeinschaftsarbeit!

Bleibt noch eine Frage: Wird der Bereich vor der Klinik zementiert oder gibt es Gras mit einem Baum in der Mitte? Mal sehen… Sicher ist, dass die Heilkräuter in ihren  Reifen gedeihen!

Die Fotoserie beginnt mit Dorasely, ihrer Schwester und ihrer Nichte, bei deren Geburt vor drei Jahren sie zum ersten Mal als Hebamme tätig war. Es folgen Bilder, welche die neuesten Arbeiten illustrieren.

Mai

Interview mit Doracely, Krankenschwester

Meine tägliche Arbeit in der Gesundheitsstation Boquerón

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Im Mai und Juni begleiten wir das Team der kleinen Kliunik von el Boquerón. Damit dies zum gemeinsames Erlebnis mit der Gemeinde wird, versuchen wir, die Schüler der Sekundarschule einzubeziehen. Die Idee ist, dass sie Interviews führen, die Krankenschwestern auf ihren Touren begleiten, wenn sie Menschen besuchen, bei ihrer Arbeit in der klejnen Klinik und auch bei der administrativen Arbeit. Da wir dieses kleine Projekt gut vorbereiten müssen, brauchen wir noch etwas Zeit. Einen ersten Einblick in ihren Arbeitsalltag hat uns Doracely glücklicherweise bereits in einem Interview auf WhatsApp gegeben – aus 10.000 Kilometer Entfernung.

Guten Morgen Doracely. Können Sie uns etwas über sich erzählen?

Ich bin 31 Jahre alt, ich lebe zusammen mit meinem Lebenspartner und wir haben ein Mädchen von vier Jahren und sechs Monaten. Ich habe am 16. Juni 2019 als Krankenschwester in der kleinen Klinik von el Boquerón angefangen, das heißt, ich werde bald drei Jahre lang am selben Ort arbeiten. Jeden Tag lernt man Neues dazu und so habe ich schon einige Erfahrung.

Mögen Sie Ihren Job?

Ich wollte unbedingt genau hier als Krankenschwester arbeiten, weil ich hier Menschen helfen kann, die Hilfe dringend brauchen. In unseren Gemeinden haben Menschen unzählige Probleme. Wenn ein Kind krank wird, haben die Eltern oft nicht das Geld, um es in eine Privatklinik zu bringen. Hier kann ich meinen eigenen Leuten helfen, denn ich bin auch hier geboren und gehöre zu ihnen

Ist es ein Vollzeitjob?

Ja, ich arbeite von Montag bis Freitag, jeden Tag von 8 Uhr morgens bis 1 Uhr nachmittags. Nach der Mittagspause geht es von 14 bis 16 ½ Uhr weiter. Gestern, am 26. Mai, habe ich elf Personen besucht, heute sind es sieben, die am Vormittag gekommen sind. Aber es gibt Tage, an denen uns nur fünf Leute um unsere Unterstützung bitten.

Erinnern Sie sich an einen besonders spannenden Moment in Ihrer Arbeit?

Einer der Momente, die ich nie vergessen werde, war meine erste Geburt als Hebamme, als ich meiner Schwester besitand. Es war sehr aufregend zu sehen, wie ein Baby geboren wurde. Jedes Mal, wenn unser Team einen Menschen auf die Welt kommen sieht, ist das für uns ein sehr schönes Erlebnis. Hier bieten wir Kurse an, die Schwangere auf die Geburt vorbereiten. Der Vater kann auch bei der Geburt seines Kindes dabei sein, um der Mutter die Unterstützung zu geben, die sie währendden Wehen benötigt.

Gefällt Ihnen die Idee eines kleinen Projekts, bei dem Schülerinnen und Schüler Sie bei Ihrer Arbeit begleiten, um einen Bericht über die Arbeit des Personals der kleinen Klinik zu schreiben?

Ja, ich finde das eine schöne Idee. Die Schülerinnen und Schüler werden uns bestimmt nicht stören!

 

April

Interview mit Irineo Vázquez, Krankenpfleger, und Adín Mazariego Gálvez, COCODE

Die letzten Phasen des Projekts - die Arbeit der Freiwilligen

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Irineo: "Wenn in Guatemala eine Gemeinde auf dem Land ein Projekt realisiert, spielt unbezahlte Arbeit von Freiwilligen eine wichtige Rolle, denn der Staat wird nie alles bezahlen - wenn er sich überhaupt am Projekt beteiligt, was in diesem Fall zutraf. Als das Projekt in einer Gemeindeversammlung vorgestellt wurde, waren viele Einwohner sofort bereit, dabei mitzuhelfen, die Parzelle zu planieren, Steine ​ ​​zu entfernen, Baumaterialien zu transportieren, dem Maurer beim Betonieren der Grundmauern und nachher beim Errichten der Mauern zu assistieren und schliesslich die Bodenplatte zu zementieren. Wer nicht selbst arbeiten konnte, bezahlte einen Helfer, der das für ihn tat.

 

So sind sind im Budget für die kleine Klinik in El Boquerón 600 Stunden Freiwilligenarbeit im Wert von 30.000 Quetzales (3.916,00 $) aufgeführt. Rund 200 Personen leisteten diesen Dienst. Es sind die Gemeindebehörden in den Dörfern des Einzugsgebietes, welche meist junge Männer zwischen 15 und 40 Jahre aufbieten, die sich engagieren wollen. Es ist in Guatemala üblich, dass für Gemeinschaftsarbeiten trotz des Gesetzes, das Kinderarbeit unter 18 Jahren verbietet, auch 15jährige bei nicht schwerer Arbeit mithelfen dürfen. Einerseits machen die Jugendlichen gerne mit bei einem sozialen Projekt, besonders wenn es um ein Gesundheitszentrum geht, das sowohl ihren Müttern als auch ihren kleinen Schwestern und Brüdern dient. Andererseits möchten die Eltern, dass ihre Kinder auch etwas Praktisches lernen, dass sie nicht die ganze Zeit mit Lernen und  mit Freunden verbringen. Ja, es geht bei einem solchen Projekt auch darum, etwas zu lernen! Meinen Großeltern und meinem Vater zu helfen, hat mir persönlich geholfen, etwas über Arbeit zu lernen, zu verstehen, was es bedeutet, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ich würde sagen, gesund zu leben.

 

Jetzt befinden wir uns in der letzten Phase der Arbeiten. Sonnenkollektoren werden installiert und der Zaun zum Schutz der Klinik wird erstellt. Für diese Arbeiten brauchen wir Spezialisten, weil es qualifizierte Arbeit ist. Um den Zugang zu diesem Ort zu verbessern, brauchen wir jedoch wieder Freiwillige. Wir sind jetzt dabei, Pisten zu drei Gemeinden zu öffnen, welche den Weg für Frauen, Mädchen und Jungen viel sicherer machen werden.

 

Die Solarmodule haben wir bereits in einer anderen Klinik gesehen, wo sie alle erforderlichen Geräte mit Energie versorgen. Für uns ist diese Installation unverzichtbar, denn oft bekommen wir in unserer Klinik nicht den nötigen Strom. Der Elektriker sagt, dass die Anlage 35 bis 40 Jahre halten wird und ein großes Potenzial hat. Wir haben bereits Licht in allen Räumen. Ausserdem  schließen wir den Kühlschrank, die Waschmaschine, die Computer an, die so stets betriebsbereit sind. Damit die Anlage funktioniert, braucht sie nicht einmal den ganzen Tag Sonne."

März

Interview mit Selena Gabriel Ramírez

Die Einweihung der neuen Klinik in el Boquerón

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Selena ist 24 Jahre alt, lebt in El Boquerón und folgt an den Wochenenden virtuellen Kursen der Universität da Vinci in Huehuetenango, um in drei Jahren ein Diplom als técnica de enfermería - Pflegefachfrau - zu erwerben. Seit der Zeit am Gymnasium arbeitet sie, um sich die Ausbildung zu finanzieren.

Selena erzählt, dass die Einweihung der neuen Klinik am 4. März das Happyend einer langen Geschichte war. Nachdem die Tropenstürme Eta und Iota das vormalige Gesundheitszentrum zerstört hatten, waren die Dorfbewohner gezwungen, weite Wege zu gehen, wenn sie ärztliche Hilfe oder Medikamente brauchten. Schliesslich hatten die örtlichen Gemeindeverwalter die Bewohner*innen zu einer Versammlung eingeladen, um mit ihnen zu erörtern, wie ein Neubau zu realisieren sei. Dank dem Engagement des ganzen Dorfes und externer Sponsoren konnte nun also das grosse Fest stattfinden.

Zunächst sassen rund 350 Personen unter Sonnensegeln vor einer Estrade, auf welcher die Behördenmitglieder und Gäste Platz genommen hatten. Einweihungszeremonien folgen in Guatemala einer traditionellen Agenda. Sie beginnen mit dem Singen der Nationalhymne, gehen dann weiter mit den Reden und der Überreichung von Diplomen an die Sponsor*innen. Am Ende wird ein Band vor dem neuen Gebäude durchgeschnitten: der Eintritt ist nun für alle offen.

Für die jungen Menschen begann dann um 13 Uhr das eigentliche Fest. In diesem Fall war keine in Guatemala typische Marimba-Gruppe eingeladen worden – eine Band aus dem Hauptort des Distriktes Cuilco spielte Música duranguense, was bis 17 Uhr zum Tanzen einlud. "Wir vergnügten uns vier Stunden lang wunderbar. Wir waren glücklich, unser Skelett zu bewegen", sagt Selena lachend. Feste dieser Art sind selten, es gibt vielleicht drei pro Jahr, zum Beispiel den Nationalfeiertag, und Diskotheken existieren nicht hier nicht. An solchen Tagen sieht man oft Betrunkene. Dies war jedoch in El Boquerón nicht der Fall: ein weiterer Beweis für das vorbildliche Verhalten der Bevölkerung.

Selena bedankt sich im Namen aller für die Unterstützung aus der Schweiz. Anderen zu helfen ist auch ihr Ziel. Sie arbeitet, wann immer sie einen Job findet, um ihre Familie zu unterstützen und ihr Studium zu finanzieren, damit sie Kranke pflegen kann. "Es wird schwierig sein für mich, dieses Ziel zu erreichen, denn man bekommt hier nirgends einen guten Lohn. Aber ich werde es schaffen! Man schafft es immer, wenn man sich Mühe gibt und kämpft!", schreibt sie in einem Chat nach Beendigung des Interviews. Alles Gute, Selena!

 

Februar 2022

Interview mit dem Krankenpfleger Irineo Vázquez

Das Gesundheitssystem in El Boquerón

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Irineo, 35, hat sich bereit erklärt, uns als Sprecher des Pflegeteams der kleinen Klinik in el Boquerón einige Informationen zum Ort und der Bevölkerung zu vermitteln. Nach Abschluss des Gespräches hat er ausserdem einige Fotografien geschickt, welche die Lebensbedingungen der Menschen in den kleinen Gemeinden nahe der mexikanischen Grenze besser verstehen lassen.

Zum Einzugsgebiet des Centro de Salud gehören neben el Boquerón die Gemeinden Flor del Café, el Boqueroncito und Santa Bárbara Chiquita mit insgesamt 2003 Einwohner*innen.  Die Häuser sind zum grössten Teil sehr einfach gebaut, einige wenige aus Block – Zementbausteinen -, die meisten aus Adobe – Lehmziegeln – oder Holzbrettern mit Dächern aus Wellblech. Rund 70% der Menschen leben in sehr prekären Verhältnissen. Das bedeutet, dass die Wohnverhältnisse ungesund sind, die Menschen kaum Arbeit finden und die Kinder unterversorgt sind, was Ernährung, Gesundheitsversorgung, Kleidung sowie Ausbildung anbelangt.

 

Es gibt in el Boquerón eine Primarschule und ein Básico, also eine Sekundarschule. Die Häuschen sind elementar mit Wasser und Elektrizität versorgt, wobei nur 60 Familien an ein Röhrensystem angeschlossen sind, während sich die anderen das Wasser in individuelle Sodbrunnen holen. Ein Teil der Elektrizität kommt aus Mexico. Dieser Versorger kappt die Leitung oft für bis zu drei Tagen. Wer in die nächste grössere Stadt fahren muss, kann nicht auf eine regelmässige Busverbindung zählen. Eine regelmässig bediente Busstation liegt in einer Entfernung von 28 km, La Democracia – mit rund 40'000 Einwohnern und unter anderem einem Regionalspital – in 72 km. Kostenpunkt des Transportes mit privatem kollektivem Pickup-Taxi: 60 Q. (7.25 CHFr. / Minimallohn in Guatemala 360.- CHFr. monatlich).

Das neue Centro de Salud ist erfreulicherweise etwas grösser als jenes, das 2020 durch Tropenstürme zerstört worden ist. Die Materialien sind resistenter, die Raumaufteilung ist besser und es bietet mit 15x15 m. im Vergleich zu zuvor 15x12 m mehr Platz. Weiterhin bilden drei Frauen und ein Mann das für die Gesundheitsversorgung des Gebietes verantwortliche Team, drei vollamtlich, eine Frau in Teilzeit. Verstärkt werden sie durch einen Krankenpfleger mit Zusatzausbildung, welcher einmal pro Woche vor Ort anwesend ist.

Das Hauptaugenmerk liegt auf der Gesundheitsversorgung von Kindern bis 5 Jahren, von Schwangeren und Müttern in den Monaten nach einer Geburt sowie chronisch Kranken. Eine wichtige Rolle spielen die Impfkampagnen. Selbstverständlich kümmern sich Irineo und seine Kolleginnen auch um alle anderen Menschen mit Gesundheitsproblemen, welche sie um Hilfe bitten.  

Pro Tag erscheinen rund zwanzig Personen zu einer Konsultation. Das neue Centro de Salud befindet sich an einem ruhigen, gut zugänglichen Ort, wo die Leute gerne hingehen. Vor allem für Kinder ist er ideal, denn sie können hier vom Verkehr ungestört spielen.

Dramatisch wird es bei schweren Erkrankungen. Wer beispielsweise eine Hirnblutung erleidet, muss mit einer Ambulanz nach Huehuetenango transportiert werden, das sind 6 Stunden über zum Teil schlechte Strassen. So ist es besonders wichtig, alle in el Boquerón möglichen Präven- tionsmassnahmen zu ergreifen. Genau dafür sorgen Irineo und sein Team im neuen Centro de Salud. Am 4. März soll es eröffnet werden – und das wird wohl das Thema der März-Reportage sein!

Januar

Interview mit dem Projektkoordinator Adín Elisbeto Mazariego Galves

Die Geschichte des Gesundheitszentrums

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Adín ist der Präsident des COCODE, des örtlichen für die Entwicklung des Ortes zuständigen Komitees. Nachdem die Orkane Eta und Iota im Herbst 2020 in der Gemeinde el Boquerón nahe der mexikanischen Grenze schwere Verwüstungen verursacht hatten, wurde er beauftragt, die Massnahmen zum Wiederaufbau des Dorfes zu koordinieren. Da man in Guatemala in solchen Situationen nicht auf die Unterstützung durch den Staat zählen kann, traf sich die Bevölkerung um zu überlegen, wie die Infrastruktur mittels Selbsthilfe saniert werden könne.   

Der Wiederaufbau des kleinen, völlig zerstörten Gesundheitszentrums wurde dabei als prioritär erachtet. In el Boquerón gibt es zwar keinen Arzt, aber wenigstens einen Krankenpfleger und eine Krankenpflegerin. Beide stammen aus dem Dorf und sind für diese Aufgabe ausgebildet, sodass sie die meisten Patient*innen gut behandeln können. Das Personal wird unterstützt durch zehn Bürger*innen der Gemeinde. Diese helfen zum Beispiel bei Impfkampagnen. Während der Pandemie war ihre Arbeit sehr erfolgreich: die Mehrheit der Bevölkerung ist geimpft, im Moment ist Covid-19 kein Thema mehr.  Für Schwangerschaften und Geburten sind in Agua Dulce ansässige comadronas, Hebammen, zuständig. Sind bei einer Schwangeren Komplikationen zu befürchten, wird die Frau in einer vierstündigen Autofahrt nach San Pedro Necta ins nächste Spital gebracht. Über mangelnde Arbeit können sich die beiden fest Angestellten nicht beklagen. Bei einer Bevölkerung von rund 2'500 Personen in den vier Dörfern des Einzugsgebietes nehmen durchschnittlich 20 Personen pro Tag von 8 Uhr morgens bis 4 Uhr nachmittags die Dienstleistungen der Klinik in Anspruch.

Damit die Arbeit nach der Naturkatastrophe bald wieder im gewohnten Rahmen aufgenommen werden konnte, sammelten die Dorfbewohner*innen 2021 Geld, um ein im Falle einer weiteren Überschwemmung weniger gefährdetes Grundstück zu kaufen. Der Ertrag reichte, um unmittelbar nach dem Erwerb mit dem Neubau zu beginnen. Erfreulicherweise war ausserdem der Bürgermeister des Distriktes bereit, einen Beitrag seitens des Staates zu leisten. Es war jedoch klar, dass auch diese Subvention nicht alle Kosten decken würde. An diesem Punkt entschloss sich die Cooperativa Agua Dulce, die Fedecocagua, durch welche sie ihren Kaffee vermarktet, um Hilfe zu bitten. Dabei muss man wissen, dass zahlreiche Cooperativas der Genossenschaft soziale Projekte in ihren Gemeinden unterstützen, hauptsächlich Schulen oder eben das Gesundheitssystem.  Zum Glück boten genau zu diesem Zeitpunkt Blaser Trading und die Lindenhofgruppe der Fedecocagua und deren Stiftung UGK an, genau ein solches Projekt mitzutragen.

Die Stiftung UGK ist froh, mit Sponsor*innen zusammenzuarbeiten, welche verstehen, dass es eine gute Sache ist, nicht alle Kosten allein zu übernehmen, sondern mit einer Cooperativa, der Dorfbevölkerung und allenfalls dem Staat zusammen ein Projekt durchzuführen, denn damit wird die Eigenverantwortung der Begünstigten gefördert. In diesen Tagen werden wichtige Abschlussarbeiten realisiert, welche ohne diese Zuwendung von aussen nicht möglich gewesen wären, oder erst viel später hätten ausgeführt werden können.

Soeben sind die Türen und Fenster sowie die sanitären Installationen montiert worden. In einer nächsten Etappe folgt die Einfriedung des Gebäudes. Dies ist wichtig, um Vandalismus und Einbrüchen vorzubeugen. Die Erfahrung lehrt, dass dafür auf dem Land einfache Massnahmen genügen, dass also z. B. keine Videoüberwachung erforderlich ist. Da sich die neue Klinik rund 1 km vom nächsten Bach entfernt und leicht erhöht nun weiter weg von der Hauptstrasse befindet, ist sie sicher vor Überschwemmungen. Allerdings wird man noch die Zufahrtstrassen verbessern müssen.

Anker 1

Fotos März

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